Münchner Rundfunkorchester
Als 1952 das Münchner Rundfunkorchester gegründet wurde, gab es bereits das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, doch der Wunsch nach einem weiteren "hauseigenen Klangkörper" erwies sich als überaus berechtigt: Es galt, den Bereich des sogenannten Gehobenen Unterhaltungsmusik auszubauen, dessen Programmanteil kontinuierlich stieg. Das neue Orchester über-schritt freilich bald auch die Grenzen zur "Ernsten Musik" und gewann so gerade durch seine Vielseitigkeit ein eigenes Profil. Dank seines facettenreichen Repertoires - von Oper, Operette und Musical bis hin zu Filmmusik, speziell arrangierten Evergreens und moderner Unterhaltungsmusik - avancierte es zu einer Art "Orchester mit besonderen Aufgaben".
Zunächst stand unter Werner Schmidt-Boelcke (1903 - 1985), dem ersten Chefdirigenten des Münchner Rundfunkorchesters, die leichte Muse im Vordergrund - wie unzählige Operetten-Gesamtaufnahmen belegen. Im Oktober 1952 leitete Schmidt-Boelcke das erste "Sonntagskonzert" des "RO" unter anderem mit Anneliese Rothenberger. In den folgenden Jahren entwickelten sich die Sonntagskonzerte mehr und mehr zu Opernkonzerten. Die "Ära Schmidt-Boelcke" war zudem geprägt durch Gastdirigenten wie Robert Stolz oder den im Sommer 1994 verstorbenen Kurt Eichhorn. Letzterer wurde im September 1967 neuer Chef und leitete bereits im November desselben Jahres das erste "Münchner Funkkonzert". Ziel der Veranstaltungsreihe war es, wenig bekannte Komponisten bzw. Werke vorzustellen und dabei auch junge Interpreten zu präsentieren. Unter Kurt Eichhorns Leitung entstand vor allem ein mustergültiger Carl-Orff-Zyklus.
Die Nachfolge Kurt Eichhorns trat 1975 Heinz Wallberg an. Unter seiner Leitung ging das "RO" verstärkt auf Reisen. Zudem wurden zahlreiche Gesamtaufahmen produziert, wobei Wallbergs Aufmerksameit auch Ausgefallen galt. 1982 (bis1985) übernahm Lamberto Gardelli das Amt des Chefdirigenten. Einen wichtigen Schwerpunkt seiner Arbeit mit dem "RO" bildete die italienische Oper; darüber hinaus stand Gardelli bei diversen Sängerportraits (Edita Gruberova etc.) am Pult. Ab 1988 setzte sich Guiseppe Patané als nunmehr fünfter Chefdirigent nicht zuletzt für die konzertante Aufführung zu Unrecht vergessener Bühnenwerke ein. Nach Patanés tragischem Tod war das Orchester gut drei Jahre lang "verwaist", Gastdirigent von Leopold Hager bis Pinchas Steinberg garantierten jedoch die Leistungsfähigkeit des Orchesters. Weltstars wie Luciano Pavarotti oder Marilyn Horne und Montserrat Caballé traten mit dem "RO" auf.
Im Juli 1992 leitete der gebürtige Mailänder Roberto Abbado das Galakonzert zum 40jährigen Jubiläum des Münchener Rundfunkorchesters; wenige später trat er offiziell sein Amt als Chefdirigent an.
Längst sind die Sonntags-, Promenaden- und Kinderkonzerte des "RO" zu etablierten Veranstaltungsreihen des Münchner Konzertlebens geworden, die durch zahlreiche Sonderkonzerte ergänzt werden. Dabei ist die stilistische Vielseitigkeit des Orchesters stets sein besonderes Markenzeichen. Die Bandbreite reicht von grenzüberschreitenden Konzerten unter dem Motto "Jazz Meets the Symphony" über Musical- und Operetten-Galas bis hin zu Mendelssohn Bartholdys Oratorium Elias. Viele Schallplattenproduktionen des Münchner Rundfunkorchesters wurden mit Preisen ausgezeichnet. So erhielt die Einspielung von Jules Massenets Oper Chérubin u.a. den "Grand Prix du disque", und die Aufnahme der "Broadway Musical Gala" unter der Leitung von Charles Prince gelangte in den USA unter die Top Ten der Charts. Ein neuer Schwerpunkt im Repertoire des Orchesters sind außerdem Konzerte mit Stars aus der Jazz- und Popszene, so zum Beispiel im Februar 1997 unter dem Motto "A Tribute to the Jazz Divas" mit Dee Dee Bridgewater, dem Ray Brown Trio und John Clayton am Pult. Im März 1997 begleitete das Rundfunkorchester den amerikanischen Allroundmusiker Bobby McFerrin, und in der nächsten Saison wird der Jazzpianist Abdullah Ibrahim mit eigenen Kompositionen zu Gast sein.